Krieg, Energiekrise, Digitalisierungsrückstand, Fachkräftemangel, Pandemie, …
Die täglichen Nachrichten sind voller bedrückenden Schlagzeilen. Die Menschen schauen mit unsicherem Gefühl in die Zukunft und auch die Unternehmen haben längst die Warnsignale wahrgenommen – wer jetzt nicht handelt, hat schlechte Karten. Das Zeitalter multipler Krisen macht bewusst, dass nur sich wandelnde Unternehmen eine Chance haben, in der Zukunft weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben. Doch was zeichnet wandlungsfähige Unternehmen aus?
Von Prof. Dr. Claus W. Gerberich & Marco Kienzle
Dynamische Marktbewegungen, rasante Technologieentwicklung und das Zeitalter multipler Krisen. Deutschland, Österreich, die Schweiz und viele andere Länder in Europa sind betroffen von unterschiedlichen volkswirtschaftliche und betriebswirtschaftliche Krisenfaktoren. Auf volkswirtschaftlicher Seite sind es vor allem die Angebots- und Nachfragekrisen die zu betrachten sind, wodurch auf betriebswirtschaftlicher Seite Probleme wie steigende Energiekosten und der Fachkräftemangel entstehen und letztlich in der Frage münden, wie mit dem Strukturwandel umgegangen werden soll.
Es ist eine volatile, unsichere, komplexe und mehrdeutige Welt, in der sich die Unternehmen zurzeit bewegen. Diese sogenannte VUCA-Welt, die durch Dynaxität – Dynamik und Komplexität – gezeichnet ist, erfordert von den Unternehmen ein hohes Maß an Wandlungsfähigkeit. Diese Wandlungsfähigkeit kann durch Zukunftsorientierung, ganzheitliches Innovationsmanagement und der Veränderungsbereitschaft des Top-Managements im Unternehmen erreicht werden.
Die Bedeutung von Trends
Um ein Unternehmen zukunftsorientiert zu führen, muss die Zukunft greifbar gemacht werden. Hierzu gibt es drei Möglichkeiten: Durch das Aufstellen von Szenarien können unterschiedliche Ereignisse dargestellt werden, doch das Problem bei der Arbeit mit Szenarien ist, dass diese eine gewisse Starrheit ausweisen. Da die Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht exakt so sein wird, wie im aufgestellten Szenario angenommen, besteht die Gefahr der Selbsttäuschung, wenn sich ausschliesslich auf dieses Szenario verlassen wird. Eine weitere Möglichkeit ist deshalb der Blick auf Prognosen. Doch auch diese tragen ein hohes Maß an Unsicherheit mit sich, da es keine Garantien für abgegebene Prognosen gibt. Die dritte Möglichkeit bietet mehr Sicherheit – der Blick auf zukünftige Trends.
Die Auseinandersetzung mit Mirko- und Megatrends gibt Orientierung für die Zukunft, ohne sich zu sehr auf das Eintreten von bestimmten aufeinander folgenden Ereignissen, wie bei den Szenarien oder Prognosen, zu fokussieren. Durch Trends können langfristige Veränderungen in der Gesellschaft erkannt werden und somit Zukunftschancen und Zukunftsmärkte identifiziert werden. Dadurch können Unternehmen frühzeitig ihre Strukturen und Geschäftsmodelle auf diese Veränderungen hin überprüfen und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen. Damit die Arbeit mit Trends im Unternehmen erfolgreich ist, ist es unumgänglich eine strukturierte Trendevaluierungsmethode und hierzu notwendige Prozesse im Unternehmen zu implementieren.
Das Verändern der Denkweise durch Chat GPT – von der Textverarbeitung zur Textgenerierung
Ein Trend, der aktuell viel Aufmerksamkeit erlangt, ist der technologische Trend künstliche Intelligenz. Das Beispiel von Chat GPT zeigt, wie schlagartig ein Trend im Markt auf Akzeptanz stoßen kann und sich dadurch in hoher Geschwindigkeit verbreitet. Chat GPT ist dabei nicht nur eine Innovation, die als neue Technologie in den Markt gedrückt wird – Push-Innovation –, sondern eine Technologie, auf die der Markt schon lange wartet. Es ist der Wunsch der Kunden – Pull-Innovation – nach einem Tool, dass beispielsweiße bei der Recherche und Textgenerierung unterstützt und somit wundert es nicht, dass ChatGPT so erfolgreich angenommen wird.
Unternehmen, die bereits frühzeitig diesen Trend erfasst haben, können nun den zeitlichen Vorsprung als Wettbewerbsvorteil für sich nutzen. Doch auch alle anderen Unternehmen sind aufgerufen, sich nun zeitnah mit diesem Trend auseinanderzusetzten, denn künstliche Intelligenz hat das Potenzial, als neue Basistechnologie den Platz des sechsten Kondratieff einzunehmen und dadurch zur Disruption bestehender Geschäftsmodelle zu führen.
Das ganzheitliche Innovationsmanagement
Um erfolgreich bestehende Geschäftsmodelle an die Zukunft anzupassen oder neue Geschäftsmodelle für die Zukunft zu entwickeln, müssen Unternehmen normative, strategische und operative Faktoren berücksichtigen.
Die normative Ebene umfasst die Festlegung der Vision, Mission und der Unternehmenswerte und setzt somit die Leitplanken für das unternehmerische Handeln.
Die strategische Ebene verbindet die normative Ebene mit den unternehmensspezifischen Ressourcen und den Stakeholdern des Unternehmens und koordiniert damit das unternehmerische Handeln.
Um die Umsetzung der Innovationsstrategie kümmert sich dann die operative Ebene. Dieser Dreiklang ermöglicht ein ganzheitliches Innovationsmanagement.
Zur Unterstützung des Innovationsgedankens ist es außerdem zu empfehlen, nicht nur in Produktinnovationen zu denken, sondern sich für die acht Felder der Innovation zu öffnen.
Abbildung 1: Die acht Felder der Innovation
Diese acht Felder der Innovation zeigen Bereiche auf, in welchen Unternehmen innovative Ansätze verfolgen können. Nicht immer ist ein besseres Produkt die tatsächliche Erwartungshaltung eines Kunden, sondern vielmehr eine zufriedenstellende Lösung. Peter Drucker äußerte hierzu einen einprägsamen Satz: „Der Kunde will keinen Bohrer, sondern ein Bild an der Wand.“ Die Kundenorientierung spielt also auch beim Thema Innovation eine immer wichtigere Rolle.
Der Wandel in der Organisation
Um Kundenorientierung ergebnisreich umzusetzen, müssen die Unternehmensgrenzen verlassen werden. Mit Hilfe von Netzwerken, Kooperationen und Entwicklungspartnerschaften können gemeinsame Lösungen für Kundenprobleme entwickelt werden, da fehlendes Wissen und notwendige Kernkompetenzen eingeholt werden können sowie gleichzeitig Entwicklungskosten reduziert werden können. Dadurch muss sich das Unternehmen von der klassischen hierarchischen Denkweise verabschieden und zu einer agilen Organisationsform wechseln, die es zulässt, dass sich für einzelne Projekte die Beteiligten über ihre Abteilungsgrenzen neu gruppieren können.
Der Wandel in der Führung
Für eine erfolgreiche Implementation eines Wandlungsprozesses im Unternehmen muss am Ende aber immer die Unternehmensführung für den Wandel Bereitschaft zeigen und eine Vorbildfunktion einnehmen. Zwei wesentliche Erfolgskriterien für eine erfolgreiche Führung im Wandlungsprozess sind dabei das Einbinden von den Betroffenen durch die Veränderungsprozesse und das Zulassen von Fehlern. Nur wenn alle den Wandel akzeptieren und unterstützen, kann Wandel erfolgreich sein. Außerdem dürfen neue Ideen nicht durch die Angst vor Fehlversuchen unterbunden werden, vielmehr muss genug Raum für innovative Ideen gegeben werden, um frühzeitig deren Erfolgsaussichten auszuwerten. Auch hier ist es ratsam, Innovationsmethoden und Prozesse im Unternehmen zu implementieren.
Fazit
Zukunftsorientierung von Unternehmen ist ein Muss, um weiterhin am Markt bestehen zu bleiben. Hierzu müssen strukturierte Prozesse im Unternehmen implementiert werden, um frühzeitig Hinweise für zukünftige Entwicklungen wahrzunehmen.
Die wegweisenden Signale für die Zukunft zu erkennen und darauf gerichtet das Unternehmen zu Wandeln ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Zukunft.
AUTOREN
Prof. Dr. Claus W. GerberichBekannter Management-Experte, langjährige Praxiserfahrung als Vorstand bzw. Geschäftsführer internationaler Unternehmen wie der Adidas AG, der Schöller Mövenpick GmbH, der Staff Zumtobel AG und der BASF AG.Associate Partner Wintergerst Unternehmerberatung Stuttgart, Leiter des Zentrums für Familienunternehmen an der St. Gallen Business School | |
Marco KienzleBachelorabschluss (B.A.) für das Lehramt in der Primarstufe und aktuell Student im Masterprogramm Innovationsmanagement (M.Sc.) an der Hochschule Esslingen in Deutschland. Selbstständig im Bereich der ökonomischen und politischen Beratung. |